Eine Bratsche mit Chor in Südtirol

Ein Reisebericht

Eine Bratsche (Viola) und ein Chor begeben sich auf Reisen - Bratsche und Chor? Geht denn das zusammen? mögen sich manche fragen? Ja, das geht, denn hier ist nicht irgendein Chor unterwegs, sondern der Chor der Uni Hohenheim. Schon seit Jahren ist die Bratsche mit dem Chor verbandelt und auch schon mit auf Reisen, unter anderem als "Blattlaus" in England und Frankreich - nun also in Südtirol und hier darf die Bratsche dann auch mal mitspielen...

Gleich nach der Ankunft in der Unterkunft des Priesterseminars in Brixen direkt in der Altstadt, ist erst einmal eine Probe angesetzt, deren Ziel es ist unseren Hohenheimer Chor mit dem Unichor der Universität Bozen-Brixen zu fusionieren und auf ein Ehrfurcht gebietendes Ganzes zu vergrößern. Die Bratsche geht in dieser Probe einmal mehr ihrer Aufgabe als Blattlaus nach, während sich die Chormenschen beim Singen und Proben "Stabat Mater" von Karl Jenkins näherkommen.

Eigentlich hatte Walter für den Donnerstag eine Wanderung in den Südtiroler Bergen ausgeklügelt, die allen Wanderinteressen vom "Nur - die- Aussicht-Genießer" bis zur "Berggemse" gerecht würde. Aber das Wetter machte den Juni zum November und damit jede Wanderung zu unsicher; schließlich sollte jedes Chormitglied  - und die Bratsche - voll einsatzfähig bleiben. Also entschied man sich für einen Ausflug zur Franzensfeste, die mit ihren Gängen, dicken Mauern und nicht zuletzt der enorm beeindruckenden Treppe allen in Erinnerung bleiben wird. Während der Chor nach der Besichtigung der Feste dieses Militärterrain verließ und in die sakralen Gefilde von Kloster Neustift wechselte, eilte die Bratsche nach Brixen in die Seminarkirche, wo sie endlich ihre Artgenossen und weitere Mitglieder der Orchesterfamilie traf und eine erste Probe mitmachte. Beseelt von den Eindrücken in Neustift kam dann der Chor zusammen mit dem Unichor dazu und musste sich in der sehr schönen, aber für so viele Musiker nicht gerade geeigneten Kirche, zwischen Bänke, Altar und Orchester verteilen; und dann gab es die erste Gesamtprobe unter der Leitung von Stephen Lloyd, der sich mit Walter Proben - und Konzertarbeit teilte. Und hier bekam man auch den ersten imposanten Eindruck dieses Werkes, das wir am folgenden Tag und Samstag zur Aufführung bringen wollten.

Am nächsten Tag schnupperte der Chor dann doch noch Bergluft auf dem Ritten, während sich die Bratsche durch die Laubengänge von Bozen treiben ließ. Nach einem schnellen Mittagessen stand dann auch schon wieder eine Vorabprobe mit dem Orchester an, bevor abends nach einer gemeinsamen Generalprobe das erste Konzert stattfand. Das Ambiente hierfür konnte kaum schöner und beeindruckender sein: Die Barockkirche Sankt Augustin in Bozen-Gries bot einen wunderbaren Raum für unser Konzert, das vielleicht gerade durch die sehr hallige Akustik noch imposanter wirkte. Die Zeit vor dem Konzert verbrachten einige der Chorfamilie in der gegenüber der Kirche gelegenen Pizzeria, wo sich offenbar schon freundschaftliche Bande zwischen den jungen südtiroler Chordamen und den Hohenheimer Chorherren etablierten, die mit Grappa gefestigt wurden. Die Bratsche beobachtete diese Völkerverständigung mit Wohlwollen, war ansonsten aber damit beschäftigt, eine Lösung dafür zu finden, im völlig schwarz gekleideten Orchester nicht mit ihrem weißen "Chorhemdchen" aufzufallen, was ihr dann dank Jürgens schwarzem Pullover auch gelang...

Der Samstag war ganz der schönen Stadt Brixen, die uns so freundlich beherbergte, gewidmet: Während sich der Chor bei einer Stadtführung bildete, war die eitle Bratsche in Sachen "schwarze Konzertkleidung" unterwegs, gesellte sich dann aber rechtzeitig wieder zur Chorfamilie. Gestärkt durch Pizza und Pasta ging es dann nach Brixen-Milland, wo die Generalprobe für das zweite Konzert - diesmal unter Walters Leitung - anstand. Auch dieses Konzert wurde wie schon das in Bozen ein großer Erfolg, wenngleich die Atmosphäre und die Akustik in einer modernen Kirche wie St. Joseph Freidanetz natürlich ganz anders ist als in einer Barockkirche. Als Bratsche genießt man es jedoch grundsätzlich, mittendrin im Geschehen zu sitzen und in den Klängen und Harmonien, die einen umgeben zu baden...

Die stehenden Ovationen bei beiden Konzerten zeigten jedenfalls, dass die Verbindung der beiden Chöre und des Jugendsinfonieorchesters Südtirol geglückt ist und das Werk "Stabat Mater" seine Wirkung nicht verfehlt hat.

Und so hat sich der Chor und die Bratsche einen weiteren Abend im Keller von St. Georg in Sarns verdient, wo jeder der erlebnisreichen Tage stets in fröhlicher Stimmung, viel Musik - dank Bernd, netten Gesprächen und guten Getränken ausklang.

Und schon stand der letzte Morgen in Brixen an: Nach Bewunderung der Fronleichnamsprozession auf dem Domplatz von Brixen, gestaltete der Chor noch einen Gottesdienst in der Pfarrkirche St. Michael, bevor er sich mit einem kleinen Abschiedskonzert im malerischen Innenhof von Südtirol verabschiedete.

Auch die Bratsche trat wieder den Heimweg an und freut sich schon jetzt auf eine nächste gemeinsame Reise mit dem Unichor Hohenheim.
Barbara - die Bratsche